Ein Bogenschlag über drei Epochen – Ausstellung zur Garnisonsstadt Ahlen im Heimatmuseum

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Foto: Ingolf Klotzsch betrachtet sich ein einem TV-Beitrag des WDR aus dem Jahre 1993
Für viele Menschen in Ahlen ist nicht mehr vorstellbar, wie präsent einst die Soldaten der Westfalenkaserne im Stadtbild waren. Christoph Wessels erinnerte daran, als er jetzt zusammen mit der Interessengemeinschaft Ahlener Panzergrenadiere die Sonderausstellung über die Geschichte der größten militärischen Liegenschaft im Kreis Warendorf der Öffentlichkeit präsentierte.

„Ältere haben noch vor Augen, wie Panzer und Fahrzeuge durch die Innenstadt rollten“, sagte der zuständige Fachbereichsleiter für das Heimatmuseum an der Wilhelmstraße, in der die Schau „Die Westfalenkaserne im Wandel der Zeit – Ahlen und seine Soldaten“ ab dem 1. Oktober sechs Wochen lang an den Wochenenden zu sehen ist. Multimedial vermittelt die Ausstellung ein Bild von den vielfältigen zivil-militärischen Kontakten und Beziehungen, die sich seit 1959 entwickelt haben zwischen den Verbänden, die in der Westfalenkaserne stationiert waren, und den Menschen und Institutionen in Ahlen.

Die Schau will einen Blick „hinter den Kasernenzaun geben, durch den die Besucher einen wichtigen Abschnitt der neuzeitlichen, vielleicht auch unbekannten Ahlener Stadtgeschichte genauer betrachten können“, sagt Gabriele Moser-Olthoff, in der Kulturabteilung der Stadt Ahlen für das Heimatmuseum federführende Sachbearbeiterin. Dazu kann die in Kooperation mit der Interessengemeinschaft zusammengestellte Ausstellung bei einem Rundgang chronologisch durchlaufen werden. Immer wieder werden Verknüpfungen zwischen Soldaten und zivilen Veranstaltungen und Personen aus der Bürgerschaft hergestellt.

IG-Sprecher Ingolf Klotzsch hat auf die Erfahrung gemacht, wie imagebildend die Westfalenkaserne für Ahlen war und ist. Menschen aus ganz Deutschland, darunter Prominente wie der Fußballer Lars Ricken und der frühere Weltklasse-Schwimmer Michael Groß, haben in der Wersestadt ihren Grundwehrdienst absolviert. „Wohin man kommt, man wird darauf angesprochen, wenn der Name Ahlen fällt“, weiß der frühere Oberstleutnant zu erzählen. Zusammen mit seinen Mitstreitern Helmut Ransleben und Thomas Kras hat Klotzsch Monate in Zeitungsarchiven verbracht, um eine lückenlose Chronologie der Kaserne zu erarbeiten. Die Rückkopplung zur Stadt habe gut funktioniert. „Wir sind keine Museumsprofis“, räumt er ein. Ohne die ständige Unterstützung aus dem Kulturamt hätte es nicht geklappt, bedankt Klotzsch sich bei Moser-Olthoff und ihrer Kollegin Petra Schäfer, sowie dem ehrenamtlichen Stadtchronisten Jürgen Rheker, der nach eigenem Bekenntnis bei der Vorbereitung „jede Menge Neues erfahren“ hat.

Das Kulturamt setzt mit der Ausstellung das Konzept fort, ein Heimatmuseum „von Ahlenern für Ahlener“ zu machen, so dessen Fachbereichsleiter Christoph Wessels. Sehr erfolgreich sei dieses schon bei der Ausstellung des Sportarchivs umgesetzt worden. „Interesse am Haus wird dadurch geweckt, dass sich die Menschen in den verständlichen zeitgeschichtlichen Exponaten selbst gut wiederfinden können.“ Zu den Öffnungszeiten werden immer fachkundige Ansprechpartner aus der Interessengemeinschaft Ahlener Panzergrenadiere vor Ort sein, um Fragen zu beantworten oder aber auf Wunsch kurz durch die Ausstellung zu führen. Geöffnet ist die Ausstellung im Heimatmuseum an der Wilhelmstraße 12 an den Wochenenden, samstags von 14.30 bis 17.00 Uhr und sonntags von 11.00 bis 16.00 Uhr. Führungen auf Anfrage, z.B. für Schulklassen, sind ebenfalls möglich. Anfragen nimmt Gabriele Moser-Olthoff unter T. 02382 59290 oder per E-Mail unter moser-olthoffg@stadt.ahlen.de entgegen.

 

Hintergrund:

Inhaltlich gliedert sich die Geschichte der Westfalenkaserne in drei Epochen. Die erste Epoche, „Armee im Kalten Krieg“, zeitlich angesetzt von 1959 bis zum Jahr 1989, stellt den Einzug der ersten Soldaten in die Ahlener Westfalenkaserne bis zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung dar. Mit dem Einzug der ersten Soldaten in die Westfalenkaserne wird die ehemalige Lazarettstadt Ahlen zur Garnisonsstadt und zur vorübergehenden oder bleibenden Heimat für etliche Verbände mit zeitweise bis zu 3.000 Soldaten und später auch Soldatinnen.  

Der zweite Abschnitt, präsentiert von 1990 bis 1995 die Umgestaltung zur „Armee der Einheit“. In den frühen 1990er Jahren werden zahlreiche Truppenteile und Einheiten der Westfalenkaserne im Zuge von Umgliederungen aufgelöst oder an anderen Standorten neu aufgestellt. Die Personalstärke der Westfalenkaserne halbiert sich in dieser Zeit. Die dritte Epoche zeigt die „Armee im Einsatz“. Von 1996 bis heute werden die neuen Aufgaben der Bundeswehr vorgestellt, wobei auch diverse humanitäre Aufgaben und Auslandseinsätze aufgeführt werden. Auch die aktuellen Veränderungen in der Westfalenkaserne, wie der Einzug der Aufklärer oder die Unterbringung von Flüchtlingen, werden erläutert.

Erwähnung finden ebenfalls gegen die Kaserne gerichtet Aktionen, wie Sitzblockaden linker Gruppen zu Beginn der 1970er-Jahre. „Ohne diese wäre das Bild nicht vollständig“, hat Ingolf Klotzsch aus heutiger Sicht kein Problem mehr mit den Vorfällen, die seinerzeit für Aufsehen sorgten. Diverses Bild- und Textmaterial, zahlreiche Exponate und Videos in Endlosschleife dokumentieren die drei Zeitepochen. Seinen Ursprung hat die Schau in einem Bürgerantrag, den die Interessengemeinschaft vor zwei Jahren mit dem Ziel gestellt hatte, im Heimatmuseum eine Dauerausstellung zur Garnisonsgeschichte einzurichten. „Darüber waren wir uns aber mit den Petenten schnell einig, dass eine solche nicht mehr ins das Konzept des Hauses passt“, spricht Wessels auch für die engagierten Veteranen. Geeinigt hatte man sich schließlich darauf, das Museum für die zeitlich begrenzte Sonderausstellung zu öffnen, welche nicht abgeschlossen ist, sondern sich fortlaufend weiterentwickelt, „um sie auf neuem Stand vielleicht eines Tages noch einmal zu zeigen“, so Wessels.

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